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4.2 Die Staatsreform in Sachsen von 1830/31 und ihre Bedeutung für die
weitere Stadtgestaltung Dresdens
4.2.1 Bürgerliche Reformen die allgemeine Stadtverwaltung betreffend
Im September 1830 griffen die von der Pariser Julirevolution ausgelösten
Unruhen in Deutschland auch auf Sachsen über.
Eine Erstürmung des Dresdner Rathauses durch Handwerkergesellen leitete auch in
Sachsen revolutionäre Unruhen ein. Sie hatten zur Folge, daß der noch weitgehend
feudale Ständestaat beseitigt und in eine konstitutionelle Monarchie auf der
Grundlage einer bürgerlichen Verfassung umgewandelt wurde . Der konservative
Kabinettsminister Graf von Einsiedel wurde zum Rücktritt gezwungen und die
Regierungs-geschäfte übernahm der liberale Bernhard August von Lindenau.
Im Ergebnis dieser revolutionären Bewegung kam es zu wichtigen Änderungen der
Entscheidungsgremien, die für die weitere städtebauliche Entwicklung von Bedeutung
sind. Anstelle der beschlußfassenden Institution, des Geheimen Kabinetts des Königs,
trat eine Gewaltenteilung in Legislative und Exekutive. Die Verwaltung des Staates
übernahm die aus acht Fachministerien zusammengesetzte Landesregierung. Sie wurde allgemein
als Oberbehörde bezeichnet. Diese Oberbehörde war in den folgenden Jahrzehnten auch für alle
staatliche Bauprojekte in der Stadt verantwortlich.
Die einzelnen Minister hatten der gesetzgebenden Körperschaft, dem Landtag mit zwei
Kammern, Rechenschaft abzulegen. Die zweite Kammer, bestehend aus Vertretern des
Landadels, der Städte, der Bauern und der gewerblichen Wirtschaft, bildete das eigentliche
Abgeordnetenhaus und war als letzte Entscheidungsinstanz auch für städtebauliche
Fragen zuständig.
Der Reform der Staatsverwaltung folgten Reformmaßnahmen im kommunalen Bereich. So konnten z.B.
folgende wichtige Forderungen der Bürgerschaft verwirklicht werden:
- die Übergabe der Polizeiverwaltung an den Stadtrat
und die Einschränkung der baupolizeilichen Willkür
(was u.a. zu einer weniger autoritären Einmischung
des Staates in Bausachen führte);
- die Einführung einer Stadtgemeindeordnung sowie
- die Kontrolle der Stadtverwaltung durch 60 gewählte
Bürgervertreter, das Stadtverordneten- Kollegium
(seit 1835).
Am 2.Februar 1832 wurde von der Regierung Lindenau eine "Allgemeine Städteordnung" erlassen,
welche die mittelalterliche Ratsverfassung aufhob. Die Leitung des städtischen Gemeinwesens
oblag danach weitgehend dem Rat der Stadt, und das Eingreifen der Staatsbehörde in
Kommunalangelegenheiten wurde eingeschränkt. Die Regierung behielt sich aber die Oberaufsicht
vor.
Durch die Wahl der Stadtverordneten erhielt ein Teil der Bewohner, im wesenlichen das
Besitzbürgertum, größeren Einfluß auf die Gestaltung und Entwicklung des Gemeinwesens.(65)
Die wahlberechtigten Personen stellten allerdings nur einen kleinen Prozentsatz der
Einwohner der Stadt dar, denn das Bürgerrecht war abhängig von Grundbesitz oder gesichertem
Einkommen. Durch diese Zusammensetzung des Stadtparlaments war der Wille der Gemeindevertreter
zum Eingriff in das Bodeneigentum relativ gering, so daß größere Strukturveränderungen wie im
Verkehrs- oder Industriebereich nur zögernd in Angriff genommen wurden.
(62)
Vgl. Karl Czok, Geschichte Sachsens, S.205.
(63)
Vgl. O. Richter, Verfassungs- und Verwaltungs-
geschichte Sachsens, Dresden 1885, S. 25.
(64)
Zur Landesverfassung und den Reformen in Sachsen
1831: Kötzschke, R./ Kretzschmar, H., Sächische
Geschichte, S. 320 - 330.
Gerhard Schmidt, Die Staatsreform in Sachsen in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine
Parallele zu den Steinschen Reformen in Preußen,
Weimar 1966.
(65)
Vgl. Ines Werner, Dresden auf dem Weg zur bürgerlichen Kommunalpolitik, in: Landesverfassung und
Reformen in Sachsen nach 1831, Dresdner Hefte 26
2/1991, S.53.
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