Gutachten

über die von Hern Thomas Kantschew
vorgelegte Magisterarbeit über
"Die städtebauliche Entwicklung Dresdens
im 19. Jahrhundert

von der Entfestigung bis zur Gründerzeit"

Thomas Kantschew hat mit seiner Darstellung der städtebaulichen Entwicklung Dresdens im 19. Jahrhundert eine für eine Anfängerarbeit erstaunlich reife und ausgewogene Arbeit vorgelegt. Sie bezeugt ein hohes fachwissenschaftlich-landesgeschichtliches und theoretisches Niveau und zeichnet sich insgesamt durch Quellennähe aus. Die Benutzung zweier Dresdener Archive ist hervorzuheben. Das Thema ist verständlicherweise wiederholt von den verschiedenen Seiten bearbeitet worden, doch handelt es sich z.T. um politisch einseitige Darstellungen aus der DDR- Zeit. Demgegenüber zeichnet der Verfasser die Dresdener Bau-Situation außerordentlich kenntnisreich und detailgetreu nach Plänen und sonstigen Quellen nach, ohne sich doch zu sehr in Einzelheiten zu verlieren. Die gegenwärtigen Forschungsrichtungen zur Stadtentwicklung und Stadtsoziologie werden einbezogen, die überregionale Literatur ebenfalls. Stadtplanerische Fragen geht er durchaus behutsam an, der Vergleich mit anderen Städten wirkt gelegentlich erhellend. Der weite Blick des Verfassers korrespondiert mit dem Sinn für lokale Genauigkeiten.

Univ. Prof. Dr. Gerd Heinrich

4. März 1996

Note: sehr gut (1)



Bis zu seiner Zerstörung 1945 galt Dresden zu Recht als eine der schönsten deutschen Städte. Diese Schönheit beruhte nicht allein auf der prachtvollen barocken Bausubstanz un den Stadtkern, sondern auch auf der städtebaulichen Entwicklung, wie sie sich nach der Entfestigung zu Beginn des 19.Jahrhunderts vollzogen hat. Der Verfasser arbeitet die Kernpunkte dieser Entwicklung klar heraus: Allen Planungen liegt der Wille zugrunde, die nun fälligen Stadterweiterungen den natürlichen Gegebenheiten der Elblandschaft anzupassen. Dazu gehört insbesondere die Einhaltung einer bestimmten Traufhöhe, an der selbst noch zu Beginn des 20.Jahrhunderts festgehalten wurde, als man daran gehen mußte, größer dimensionierte Regierungsbauten zu errichten. Zu den wichtigsten Entscheidungen der Städteplaner und Städtebauer im 19. Jahrhundert gehörte der Entschluß, die nun entstehenden Villenvororte nicht nur locker zu bebauen, sondern auch stark zu durchgrünen, wodurch die erweiterte Stadt eine enge Verbindung mit der sie umgebenden Landschaft einging. Die Probleme der Industrialisierung stellten sich dem "Elbflorenz" nicht in gleicher Weise wie anderen deutschen Großstädten. Die Schwerindustrie hatte an Dresden kein Interesse, da es weder die benötigen Rohstoffe noch ausreichend Energie gab. Es waren in der Hauptsache mittlere und kleinere Betriebe, die sich an der Peripherie Dresdens ansiedelten, und da sich die Stadtplanung bemühte, Wohnen und Arbeiten voneinander zu trennen, haben sie das Erscheinungsbild der Stadt nicht wesentlich beeinflussen können. Schließlich ist auch das Verkehrsnetz den städtebaulichen Vorstellungen angepaßt worden. Kein Eisenbahnring um die Stadt hat das Gesamtgefüge zerstört, die barocke Innenstadt blieb ohne direkte Anbindung an das Eisenbahnnetz.

Die archivalischen Quellen und die vorhandene Literatur sind für diese Arbeit umfassend genutzt worden. Dem Verfasser gelingt es, ein durchaus eigenständiges Bild von der städtebaulichen Entwicklung Dredens im 19. Jahrhundert zu zeichnen, das sich wohltuend von Arbeiten der jüngeren Vergangenheit abhebt. Die getroffenen Urteile sind abgewogen. Sie beruhen auf sichere Kenntnis der Quellen und auf einer vergleichenden Sicht. Es handelt sich damit um eine herausragende Leistung, die zweifellos die Note

sehr gut (1,0)

verdient.

Univ.- Prof. Dr. Wolfgang Ribbe

Berlin, 1.März 1996

 

zurück zur Startseite der Magisterarbeit
weiter zur Gliederung

zurück zur Homepage von Tom-connect